Herborn, 5.2.2015: Wollen Sie Hessentagspaar werden? Noch bis einschließlich Freitag (6. Februar) können sich interessierte Herbornerinnen und Herborner bei der Hessentagsstadt 2016 um das Ehrenamt bewerben. Was erwartet Sie als Part des Hessentags-Paares rund um die etwa 200 Termine? Was bleibt in Erinnerung über die zehn großen Tage des Landesfests hinaus? Welche Tipps geben die Vorgänger Anne Weihrich und Markus Glanzner? Wir haben mit dem Bensheimer Hessentagspaar über den ungewöhnlichen Job als "Gesicht" der Hessentags-Stadt gesprochen. Die beiden Endzwanziger sind gebürtige Bensheimer und aktiv im Vereinsleben ihrer Heimatstadt engagiert.
Wenn Sie durch die Erinnerungen der beiden auf den Geschmack gekommen sind: Paare, aber auch Einzelpersonen können sich bis 6. Februar schriftlich und mit Foto bewerben beim Magistrat der Stadt Herborn (Hessentagsbüro - Hauptstraße 39, 35745 Herborn). Weitere Informationen zur Bewerbung und den abwechslungsreichen Aufgaben bekommen interessierte Bewerberinnen und Bewerber beim Hessentagsbeauftragten Jörg Kring, Tel. (02772) 708 203, E-Mail hessentag2016@herborn.de.
Frau Weihrich, Herr Glanzner, vor genau acht Monaten war Hessentag in Bensheim - mit Ihnen als Hessentagspaar. Jetzt sucht Herborn als Hessentagsstadt 2016 nach seinem Hessentagspaar. Was sollten die Bewerber Ihrer Erfahrung nach vor allem mitbringen?
Anne Weihrich: Die Bewerber für das Amt des Hessentagspaares sollten aufgeschlossen, belastbar und rhetorisch nicht die Unbegabtesten sein. Besonders gelobt wird Natürlichkeit und sympathisches Auftreten. Eine gewisse Portion Selbstbewusstsein und den Mut, auch mal Nein zu sagen, fand ich persönlich noch sehr wichtig.
Markus Glanzner: Ich halte eine große Verbundenheit mit seiner Heimatstadt und viel Freude im Umgang mit Menschen für sehr wichtig.
Kannten Sie sich vorher schon und haben Sie sich zusammen beworben? Ist das hilfreich?
M. Glanzner: Wir wurden getrennt von der Stadt Bensheim gecastet und kannten uns vorher überhaupt nicht. Wir haben uns jedoch auf Anhieb gut verstanden. Dass wir privat kein Paar sind, hat uns sehr geholfen, die Aufgabe professionell anzugehen und uns nur auf den Hessentag zu konzentrieren.
A. Weihrich: Ich fand es angenehm, dass das Privatleben somit Hessentags-unbelastet war. Die Gefahr, dass man sich auf die Nerven geht und Stress mit ins Privatleben nimmt, ist so nicht gegeben. Es gab aber auch schon Hessentagspaare, bei denen das anders war und auch geklappt hat.
Wie sah ein "typischer Hessentagspärchen-Tag" aus?
A. Weihrich: Ein typischer Hessentagspaar-Tag während des Hessentages startete meistens zwischen 8 und 10 Uhr und dauerte bis irgendwann zwischen 19 und 23 Uhr: Aufstehen, fertig machen (das hat v.a. bei mir ein wenig gedauert *g*), von einem Termin zum anderen gefahren werden, Hände schütteln, Grußworte sprechen, Interviews geben, unglaublich viele Leute kennenlernen, lächeln, lächeln, lächeln, abends müde, aber meistens zufrieden nach Hause kommen.
M. Glanzner: Da kann ich nur noch ergänzen: Fotos machen, immer wieder mit Massen von fremden Menschen Fotos machen. Und dabei immer gut drauf sein.
Was haben Sie vor dem Hessentag beruflich gemacht? Mussten Sie Urlaub nehmen oder wie haben Sie die zeitlichen Anforderungen stemmen können? Was sagt ein Arbeitgeber dazu, wie reagieren die Kollegen? Bei Selbständigkeit: Wie wird der Verdienstausfall kompensiert?
M. Glanzner: Ich bin Finanzbeamter und wurde von meiner Amtsleitung für alle Termine vor und selbstverständlich auch während des gesamten Hessentages freigestellt. Probleme gab es bei mir nie. Meine Kollegen waren alle begeistert und es war auch immer wieder schön, wenn man im Amt von der Kundschaft erkannt wurde. Ich kann mich nur immer wieder bei meinen Kollegen bedanken, dass sie mich so toll unterstützt haben. Ich kann an diesem Punkt jedem nur anraten, eventuelle Fehlzeiten und Freistellungen sofort mit seinem Arbeitgeber abzustimmen.
A. Weihrich: Ich bin Lehrerin und insofern ist das mit dem Urlaubnehmen etwas schwierig. Wenn es Terminanfragen während meiner Arbeitszeit gab, musste ich das immer erst mit meiner Schulleitung klären. Meistens hat das aber gut geklappt. Während des Hessentages war ich vom Schulamt freigestellt, das war etwas schwierig, aber durch die Unterstützung meiner Schulleitung und der Stadt Bensheim ging alles gut. Meine Kollegen haben die anderthalb Jahre mit Begeisterung verfolgt. Einige haben während des Hessentages mit ihrer Klasse einen Ausflug nach Bensheim gemacht. Das war schön, da wir kurz Gelegenheit hatten, die Klassen bei Natur auf der Spur zu besuchen.
An was denken Sie besonders gern zurück? Was war Ihr schönstes Erlebnis als Hessentagspaar?
A. Weihrich: Ganz klischeehaft: Es ist unmöglich sich auf etwas festzulegen! Wir haben so viel erlebt, da fällt es schwer, einen bestimmten Moment rauszufischen. Generell denke ich gerne an die vielen tollen Menschen zurück, die wir kennenlernen durften und an die positive Resonanz, die uns entgegengebracht wurde.
M. Glanzner: Ich denke immer noch mit viel Wehmut an die erste "Nacht der Tracht" zurück. Die Stadt Bensheim hatte mit uns die Vereinbarung getroffen, dass die Verkündigung des Hessentagspaares im Rahmen eines Abendprogramms im Bürgerhaus stattfinden solle. Es haben alle Leute dicht gehalten. Es wusste fast niemand, was wir beide machen und was auf uns zukommt. Als dann gegen Ende der Veranstaltung wir beide hinter dem Vorhang stehen, dieser fällt... Das war unbeschreiblich schön. Wir haben beide noch kein Wort gesprochen, sind furchtbar nervös, stehen im Rampenlicht und haben direkt und spontan fünf bis zehn Minuten stehende Ovationen erhalten. Das ist ein völlig unvergesslicher Augenblick!
Gibt es auch negative Erinnerungen/Erfahrungen?
M. Glanzner: Wie alle Aufgaben im Leben, gibt es auch als Hessentagspaar nicht nur positive Erlebnisse. Jedoch waren diese in so deutlicher Unterzahl zu allen positiven Ereignissen, dass man diese schnell vergisst.
A. Weihrich: Natürlich. Aber so genau erzähle ich davon nicht :-) Es muss einem einfach klar sein, dass auch mal Termine und Menschen dabei sind, die sehr anstrengend, langweilig oder nicht nach dem eigenen Geschmack sind.
Sie standen als Hessentagspaar im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses, haben wichtige Persönlichkeiten und Stars getroffen und waren selbst "prominent" - wie lange hat es gedauert, bis Sie nach dem Hessentag wieder im Alltag angekommen waren? Welche Rolle spielt er heute noch für Sie? Würden Sie sich nochmal bewerben?
M. Glanzner: Ich bin direkt nach dem Hessentag mit meiner Frau für zehn Tage nach Fehmarn gefahren. Das war wichtig für mich, um alles abzuhaken und verarbeiten zu können. Ich werde diese Zeit meines Lebens nie vergessen und immer in guter Erinnerung behalten. Wenn ich die Uhr zurückdrehe und mich frage, war es das alles wert, kann ich nur sagen: Ja, das war es, und ja, ich würde ohne zu überlegen sofort wieder loslegen!
A. Weihrich: Im Alltag bin ich sehr schnell wieder angekommen: Es ging bei mir direkt wieder weiter mit der Schule und dem Zeugnisstress. Da war ich schnell wieder im "normalen" Leben gelandet. Der Hessentag wird immer eine Rolle in meinem Leben spielen. Auch, wenn er immer etwas weniger präsent wird. Wie sagt man so schön: Das Leben geht weiter. Aber wir durften den Hessentag so erleben wie nur wenige Andere und dadurch war und bleibt er etwas ganz Besonderes. Insofern würde ich mich auch wieder bewerben, ja, allerdings mit der ein oder anderen Einschränkung.
Haben Sie einen Tipp für die Bewerber bzw. für das künftige Herborner Hessentagspaar?
A. Weihrich: Da knüpfe ich an die erste Frage an: Lasst euch nicht verbiegen! Bleibt natürlich und euch selbst treu! Genauso wichtig ist es aber auch, jeden Moment zu genießen und die Erlebnisse aufzusaugen. So anstrengend alles ist, so schön ist es auch und geht schnell vorbei. Behaltet also v.a. die tollen Momente im Herzen!
M. Glanzner: Da kann ich mich nur anschließen: Bleibt, wie ihr seid, genießt jede Minute. Ich freue mich heute schon auf den Hessentag in Herborn. Ich bin als Teil des Hessentagspaares endgültig zum Fan des Hessentages geworden und kann es kaum abwarten, nach Hofgeismar und dann 2016 zu euch nach Herborn zu kommen. Wer immer uns nachfolgen wird, ich freue mich heute schon, euch kennen zu lernen und wünsche viel Spaß in der Vorbereitung. Der Hessentag selbst ist dann der absolute Wahnsinn, im positiven Sinne!
Frau Weihrich, Herr Glanzner, herzlichen Dank für das Gespräch und Ihnen alles Gute!
Das Interview führte Klaus Kordesch (Herborn).