„Europa lebt vom Wir, vom Zwischenmenschlichen. Unsere Partnerschaften entstanden durch persönliche Kontakte, die herzliche Aufnahme bei den ersten gegenseitigen Besuchen begründete in der logischen Konsequenz die Verschwisterung zwischen Pertuis (Frankreich), Guntersdorf und Schönbach (beide Österreich) sowie Ilawa (Polen)“, betonte Bürgermeister Hans Benner.
Die Partnerschaftsbegegnungen reichen von Besuchen auf Ebene der Stadtverwaltungen wie auch Parlamentsmitgliedern, über Festkonzerte von Chören und Orchestern, Kooperationen zwischen Feuerwehren, Jugend-Fußballtournieren bis hin zu Schüleraustauschen. Für die Zukunft sehen die Beteiligten die größte Aufgabe darin, weitere auch jüngere Engagierte zu gewinnen, die die Gedanken Europas fördern und die Städtepartnerschaften pflegen.
„Ihre Stadt pflegt vier Städtepartnerschaften und hat sogar Kontakt zu den europäischen Partnerstädten der Partnerstädte, also höchste Zeit für das Europanetzwerk“, eröffnete Staatssekretär Mark Weinmeister das Gespräch mit Bürgermeister Hans Benner. Nicht nur, dass Herborn 2009 seine europäischen Partnerstädte und deren Partner in der Herborner Erklärung vereinigte – ein Bekenntnis zum gemeinsamen Europa, wie es aktueller nicht sein könnte. Die mittelalterliche Fachwerkstatt blickt ebenso auf eine lange Geschichte europäischer Verdienste zurück.
Beispielsweise war im 17. Jahrhundert einer der wichtigsten Druckereistandorte für Europa in Herborn. Des Weiteren beherbergte Herborn bis 1817 die Hohe Schule, die frühere Academia Nassauensis. Sie war die wichtigste Bildungsstätte der Calvinistisch-Reformierten in Europa. Bedeutendster Student war der Pädagoge Johann Amos Comenius, der Einfluss auf die Entwicklung des europäischen Schulwesens nahm, vor allem auf die Einführung der Schulpflicht und die Abkehr vom Latein hin zum mutter-sprachlichen Unterricht als Fundament der Volksbildung in ganz Europa. Das englische Parlament, das Königreich Schweden und deutsche Fürsten beauftragten ihn mit Schul-reformen, die bis heute wirken. Das EU-Förderprogramm „Comenius“ ist nach ihm benannt. Als studierter Pädagoge interessierte sich Staatssekretär Weinmeister besonders für diesen Aspekt.
Weiterhin wurde über die Zukunft der Europäischen Union und die Herausforderungen für Städtepartnerschaften in der heutigen Zeit gesprochen. „Die EU ist unser gemeinsames Projekt, das uns Frieden, Freiheit und Wohlstand gebracht hat. Wer verpartnert ist, spricht miteinander. Ich freue mich, dass Herborn sich nun mit seiner städtepartnerschaftlichen Expertise im Europanetzwerk einbringt“, machte Weinmeister deutlich. Außerdem wolle er stetig Projekte kennenlernen, wo die EU-Förderung tatsächlich sichtbar werde und vor Ort wirkt, wie auch erfahren, welche Herausforderungen die Region beschäftigen.
„Wir leben die Partnerschaften sehr gern und mit großer Freude. Verständnis für einander kann nur wachsen, wenn sich Menschen begegnen und etwas miteinander unternehmen, deshalb fördert die Stadt Herborn nicht allein jährliche Bürgerbegegnungen, sondern auch Schüleraustausche“, unterstrich Stadtverordnetenvorsteher Jörg Michael Müller. Er machte deutlich, dass Partnerschaften in Herborn auch „Sache des Parlaments“ seien, sichere es doch den Rückhalt in einem breiten Teil der Bevölkerung. Wenn man Menschen dauerhaft motivieren wolle sich für Europa oder Partnerschaften zu engagieren, müsse man aus seiner Sicht junge Menschen dafür begeistern und benötige auch Anreize für Schulen den Fremdsprachenunterricht weiter zu fördern.
„Trotz aktueller Herausforderungen steht die Mehrheit der Menschen weiterhin zu Europa. Die EU ist unsere gemeinsame Aufgabe - Sie hat uns Frieden und Wohlstand gebracht. Die Stadt Herborn und ihre engagierten Bürgerinnen und Bürger haben ihren Anteil an der friedlichen Entwicklung Europas“, würdigte Mark Weinmeister, Staatssekretär für Europa Angelegenheiten bei der Hessischen Staatskanzlei. (dg)