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„Freundschaftsbuch“ von 1618 ist "Objekt des Monats" im Stadtmuseum

„Freundschaftsbuch“ von 1618 ist "Objekt des Monats" im Stadtmuseum

Das „Vaterunser“ auf 15 Millimetern: Manches Ausstellungsstück im Herborner Stadtmuseum erblickt eher selten das Tageslicht. Viele Gegenstände aus der Vergangenheit passen thematisch einfach nicht in die Dauerausstellungen. Aber vielfach wäre es einfach zu schade, solche Zeugnisse früherer Zeiten in den Archivräumen schlummern zu lassen. Deshalb stellt das Stadtmuseum Herborn regelmäßig ein „Objekt des Monats“ vor, das so interessant ist, dass es nicht unbeachtet verstauben sollte.

Das neue „Objekt des Monats“ erinnert ein wenig an die Poesiealben, die vor einigen Jahrzehnten gebräuchlich waren, oder an die Freundschaftsbücher, die Kinder und Jugendliche heute austauschen. Tatsächlich kann man das ledergebundene Buch mit Goldschnitt und geprägten Ornamenten auf dem Einband als Vorläufer dieser heutigen Gattung ansehen: „Das „Album amicorum“ ist seit der Reformationszeit öfter bekannt“, erläutert Museumsleiterin Ulrike Litzba. „In Wittenberger Studentenkreisen beispielsweise galt es als schick, sich die Autogramme der Reformatoren eintragen zu lassen.“

Auch das vorliegende Exemplar, das der Herborner Verkehrsverein 2013 zusammen mit anderen historischen Schriften ersteigert – für das Freundschaftsbuch wurden übrigens 1500 Euro aufgerufen – und dem Geschichtsverein geschenkt hat, gehörte einem Studenten: „Hermanno Crann“, an anderer Stelle auch Kran genannt, stammte aus einer Juristenfamilie, die auch am Reichskammergericht in Speyer nachzuweisen ist. „Er stammte aus Düsseldorf und kam 1617 ans Pädagogium nach Herborn, bevor er später an der Hohen Schule die Rechtswissenschaften studierte“, berichtet Ulrike Litzba. Sein „Album amicorum“ hat er 1618 begonnen. Neben Einträgen von Kommilitonen und dem Wappen der Familie Crann fallen die Signaturen von Buchdrucker Christoph Corvin und den Professoren Johnn Heinrich Alsted, Georg Pasor und Johann Piscator ins Auge.

Den schönsten und aufwändigsten Eintrag aber hat Wilhelm Selem aus Trier vorgenommen, ein Mitschüler Hermann Cranns am reformierten Gymnasium in Düsseldorf, der ebenfalls in Herborn studierte. Im August 1618, also vor genau 400 Jahren, zeichnete er mit großer Sorgfalt ein kleines kalligrafisches Meisterwerk in Gestalt eines „Vater unser“ in lateinischer Sprache, das kunstvoll in ein Muster aus Sentenzen zum Thema Freundschaft eingebunden ist. Die Zeichnung ist nur 10,5 auf 14 Zentimeter groß, das „Pater noster“ in der Mitte hat einen Durchmesser von gerade mal 15 Millimetern. Die einzelnen Buchstaben sind nur einen Millimeter groß und trotzdem gut lesbar.

Diese Seite des Freundschaftsbuches ist auch aufgeschlagen und kann im Stadtmuseum in der Hohen Schule zu den Öffnungszeiten (mittwochs, donnerstags, samstags und sonntags jeweils von 13 bis 17 Uhr) sowie nach vorheriger Absprache (zum Beispiel für Gruppen, Schulklassen o. ä. auch vormittags) in Augenschein genommen werden. Weitere Informationen gibt es bei Ulrike Litzba, Tel.: (02772) 57 38 10 oder unter www.Museum-Herborn.de. (klk)

(Foto: Kordesch)