Anreise  |  Kontakt  |  Notdienste  |  Öffnungszeiten  |  Webcams  |  
Sprachauswahl inaktiv
Geschichte anfassen und entdecken: Neue Familienführungen im Stadtmuseum

Geschichte anfassen und entdecken: Neue Familienführungen im Stadtmuseum

Herborn, 20.12.2012: Mit Kindern ins Museum gehen – das klingt nach Ferienprogramm für die Regentage und ist tatsächlich oft ebenso anstrengend für die Eltern wie langweilig für den Nachwuchs. Das Herborner Stadtmuseum geht nun neue Wege und bietet spezielle Familienführungen an. Dabei können die Teilnehmer alltägliche Gegenstände aus der Vergangenheit kennenlernen, die heute kaum noch bekannt sind.


Die Führung trägt auch den Titel „Alltägliches - aus einer anderen Zeit“. Unter der sachkundigen Leitung von Ulrike Litzba geht es auf Entdeckungsreise durch die verschiedenen Abteilungen des Museum in der Hohen Schule. Keine Jahreszahlen und keine Namen längst verstorbener Herrscher langweilen die Kinder bei der Familienführung – ganz im Gegenteil: Nils und Lotta Ritter, die mit Papa Volker und Opa Friedel den Ausflug in die Vergangenheit unternehmen, dürfen viele der ausgestellten Sachen in die Hand nehmen und rätseln, wofür das denn wohl mal gut war. Spannend ist das schon gleich zu Beginn bei der sogenannten „Schusterkugel“: Die mit Wasser gefüllte große Glaskugel diente früher nicht nur in der schummrigen Schusterwerkstatt dazu, durch die Lichtbrechung des Wassers die Leuchtkraft einer Kerze zu vervielfachen. Nils, sechs Jahre alt, hält das Licht hinter die Kugel und staunt, wie hell es auf einmal wird.


Das alte Handwerk birgt ohnehin viele faszinierende Geheimnisse: Die vierjährige Lotta ist ganz fasziniert davon, dass es Holz gibt, das im Wasser untergeht. Und gemeinsam mit den Erwachsenen probieren die an kleinen Modellen die trickreichen Methoden aus, Holzbalken beispielsweise im Fachwerkbau ohne Nägel und Schrauben dauerhaft miteinander zu verbinden. „Der Ablauf der Führung entsteht spontan, abhängig vom Geschick der Ratenden werden mehr oder weniger Gegenstände gezeigt“, erläutert Ulrike Litzba ihr Konzept. Die Kinder sollten im Vorschul- beziehungsweise Grundschulalter und nicht älter als zwölf oder 13 Jahre sein, sagt sie. Wichtig ist ihr, dass Eltern und Kinder etwas gemeinsam unternehmen und das Museum so auch als Ausflugsziel für Familien wahrgenommen wird.


Als sich die Kinder vom Wasser losgerissen haben, lernen sie eine Feuerkieke kennen. Kaum zu glauben, dass sich die Marktfrauen oder Kirchgängerinnen die mit glühenden Kohlen gefüllte Metallkiste mit ihrem Henkel früher als Fußwärmer unter die Röcke und zwischen die Füße gestellt haben! Kaffeemühlen und Waffeleisen sind den beiden schon ebenso fremd wie der historische Fußwärmer. Gut, dass Opa sich auskennt und den Enkeln mit dem ein oder anderen Tipp auf die richtige Spur helfen kann. An der Mausefalle allerdings scheitert auch er – die mit Seilen und Klötzen ausgestattete Holzkonstruktion wirkt so martialisch, dass niemand auf den eigentlichen Verwendungszweck kommt.


Nach anderthalb Stunden etwa hat die Aufmerksamkeit der Kinder dann doch spürbar nachgelassen. Ulrike Litzba merkt das und kürzt das Ende ab; Nils und Lotta dürfen nochmal probieren, welche Holzstücke untergehen und wie sich die Balkenmodelle verbinden lassen. Eigentlich endet die „Familienführung“ in der Abteilung „Vor- und Frühgeschichte“: Hier können die Familien nach Gegenständen suchen, die sich über Hunderte oder Tausende von Jahren nicht oder kaum verändert haben, erläutert die Museumsführerin – wie beispielsweise ein Hammer aus keltischer Zeit oder die Gewandfibel, die in der heutigen Sicherheitsnadel weiterlebt. Auch wegen solcher Erkenntnisse empfiehlt sie die Familienführung auch Schülern, die schon kleine Referate schreiben müssen: „Die meisten in diesem Alter beherrschen schon wunderbar die Funktion „Kopieren, einfügen“ am Computer und halten Wikipedia für das Non-plus-ultra“, erklärt sie. Dabei gibt es durchaus Alternativen: Mit einem selbst geschossenen Foto aus einem Museum setzt sich so eine kleine Arbeit durchaus von den anderen ab und zeigt besonderen Einsatz“, findet Ulrike Litzba. Außerdem wirken Gegenstände, die man aus dem Internet beziehungsweise von Fotos kennt, „in 3D“ gesehen und angefasst natürlich ganz anders.


Wer sich mit seinen Kindern auf Entdeckungsreise im Herborner Museum machen will, muss dafür einen Termin vereinbaren. Die Führungen finden gewöhnlich während der Öffnungszeit (täglich außer Montag und Freitag von 13 bis 17 Uhr) statt und kosten pauschal zehn Euro. Wer noch ein besonderes Weihnachtsgeschenk sucht: Im Museum sind auch Gutscheine für die Familienführung zu bekommen. Weitere Informationen gibt es unter Telefon (02772) 57 38 10, wo man auch Termine vereinbaren kann.


Bild und Text: Klaus Kordesch