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Kein Kidnapping in der Natur - unverletzte Jungtiere am Fundort belassen !

Kein Kidnapping in der Natur - unverletzte Jungtiere am Fundort belassen !

Der Wonnemonat Mai hat begonnen, und folglich boomt in der Natur der Familienzuwachs. Leider zeigt die nur allzu oft falsche Reaktion mancher Tierfreunde, die Jungtieren in der Natur oder auch im Siedlungsbereich begegnen, wie sehr die meisten Menschen verlernt haben, natürliche Phänomene mit Augenmaß zu beurteilen!

Denn immer wieder werden nur scheinbar verlassene, "ach so süße" Jungtiere von Naturfreunden in falsch verstandener Tierliebe aufgegriffen, um sie von Hand großzuziehen. Zumeist kommen die Finder mit dieser anspruchsvollen Aufgabe nicht klar und wenden sich dann hilfesuchend an das Team des Vogel- und NaturschutzTierparks Herborn mit der hier im Übrigen nicht erfüllbaren Bitte, die aufwendige Handaufzucht solcher Jungtiere zu übernehmen. Für die Jungtiere wäre es zumeist sehr viel besser, und eben "natürlicher" gewesen, sie wären in der Natur geblieben!

Um derartige Kindesentführungen zu vermeiden, die den Bedürfnissen der Tiere nicht gerecht werden, und die nur allzu oft das Todesurteil für die Jungtiere bedeuten, wendet sich die Leitung des Herborner Vogelparks auch in diesem Frühjahr erneut mit dem Appell an die Bevölkerung, nicht voreilig in natürliche Regelkreise einzugreifen!

Vogelparkleiter Wolfgang bittet Natur- und Tierfreunde dringend darum, unverletzte Jungtiere am Fundort zu belassen. Denn wie der Diplom-Biologe betont, handelt es sich bei den weitaus meisten - nur scheinbar hilflosen - Jungtieren gar nicht um Waisen!

Rades: "Zum Beispiel suchen Säugetiermütter wie Rehe oder Feldhasen ihre abgelegten Jungtiere nur einige Male am Tag oder auch in der Nacht zum Säugen auf, überlassen sie aber ansonsten sich selbst!" In der Vogelwelt kommt es nach Mitteilung des Herborner Zoologen oft vor, dass noch kleine, aber schon befiederte Jungvögel, z. B. Eulen oder auch Singvögel, scheinbar hilflos am Boden oder im Strauchwerk sitzen.

Diese noch nicht flugfähigen Jungvögel werden nach Mitteilung des Vogelparkleiters als "Ästlinge" bezeichnet, da sie ihr enges Nest schon früh verlassen. Rades: "Im Astwerk oder auf einer Wiese sitzend stehen diese Jungvögel weiterhin durch Bettelrufe mit ihren Eltern in Verbindung. Als Teil der Fortpflanzungsstrategie der Vögel ist dies ein natürlicher Vorgang. Denn auch außerhalb des Nests werden diese "Ästlinge" weiter von ihren Eltern versorgt."

Deswegen sei es falsch verstandene Tierliebe, wenn Tierfreunde solche Jungvögel, die ja gar keine menschliche Hilfe benötigen, aufgreifen und somit quasi "kidnappen" würden. Nur in den Fällen, in denen der Aufenthaltsort eines Jungvogels an einem kritischen Platz, etwa direkt an einer stark befahrenen Straße oder auf einem Kinderspielplatz ist, sollte man helfend eingreifen, aber natürlich mit Augenmaß!

Rades: "In solchen Fällen empfiehlt es sich, den Jungvogel in einigen Metern Entfernung an eine geschützte Stelle, zum Beispiel in eine Hecke oder unter ein Gebüsch, umzusetzen." Noch nackte Jungvögel sollten hingegen möglichst vorsichtig ins Nest zurückgesetzt werden. Wie der Vogelparkleiter betont, ist bei Vögeln die Berührung durch den Menschen unproblematisch, da sich die Vogeleltern im Gegensatz zu Säugetieren nicht am menschlichen Geruch stören.

Dringend raten die Experten davon ab, Jungtiere zur Handaufzucht mitzunehmen. Denn erstens sei die Handaufzucht sehr aufwendig und schwierig. Zudem hätten von Hand aufgezogene Jungtiere selbst bei fachgerechter Pflege sehr viel schlechtere Überlebenschancen als die in der Natur aufgewachsenen. "Nicht von ungefähr erlaubt das Bundesnaturschutzgesetz die vorübergehende Aufnahme von Jungtieren wildlebender Arten nur dann, wenn sie verletzt oder krank und somit wirklich hilflos sind", betont der Zoologe.

In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, telefonische Auskünfte bei der Unteren Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung (im Lahn-Dill-Kreis Tel. 06441/4071831), der Vogelklinik Gießen (Tel. 0641/9938432), der Staatlichen Vogelschutzwarte in Frankfurt (Tel. 069/420105-0), der örtlichen NABU-Gruppe oder im Vogel- und NaturschutzTierpark Herborn (Tel. 02772/42522) einzuholen.

Immer wieder muss das Vogelparkteam darauf hinweisen, dass Herborns Tiergarten längst nicht alle pflegebedürftigen Vögel aufnehmen kann. Rades: "Dies hat neben den natürlich begrenzten Aufnahmemöglichkeiten im Vogelpark auch hygienische Gründe. Denn es gilt, ein Infektionsrisiko für den kostbaren Vogelbestand unseres Parks auszuschließen." Folglich kann sich das Vogelparkteam in seiner kleinen Auffangstation nicht um die häufigen Arten wie Singvögel, Mauersegler, Tauben oder Enten kümmern. Herborns Vogelpark kann nur einige wenige Exemplare der selteneren Arten wie Greifvögel, Eulen, Störche, Kraniche, Reiher, Taucher oder Eisvögel aufnehmen.

Da im Gegensatz zu einigen anderen Bundesländern, die Arbeit von Wildtierpflegestationen in Hessen leider kaum vom Land bezuschusst wird, ist der Vogel- und NaturschutzTierpark Herborn aufgrund der - übrigens freiwillig - erfolgenden Übernahme der Aufgaben einer Greifvogelpflegestation sowie der Beratung von Naturfreunden natürlich froh über jede finanzielle Unterstützung Diese kann durch die Übernahme einer Tierpatenschaft oder sonstige Spenden erfolgen, und natürlich auch durch die Eintrittsgelder der Vogelparkbesucher.

Der Vogel- und NaturschutzTierpark Herborn ist täglich von 9.30 bis 19 Uhr geöffnet. Weitere Informationen gibt es unter 02772/42522 oder www.vogelpark-herborn.de.