Herborn, 11.11.2010: Nur wenige Tage nach dem Reformationstag zeigt das Ensemble des Theaters Katakombe aus Frankfurt am Samstag (13. November) um 19 Uhr in der Herborner evangelischen Stadtkirche Martin L. - Das Luther-Musical. Luther, der bekanntlich selbst zeit seines Lebens immer wieder aneckte, hätte vielleicht seine Freude daran gehabt, denn die Inszenierung geht recht frei mit dem Leben des Reformators um erfrischend unkonventionell baut sie in die historisch korrekten Eckpunkte eine Liebesgeschichte ein.
Ursula heißt die Erfurter Schönheit, mit der zusammen Martin L. in der Stadtkirche das Liebesduett Lass mich nicht los! anstimmen wird. Was seine Ehefrau Katharina von Bora wohl dazu gesagt haben würde, verrät die Ankündigung der Katakombe nicht. Während diese allerdings seinerzeit ihr Leben als Nonne hinter sich ließ, nachdem sie Luthers Kritik am Klosterleben gelesen hatte, flieht die imaginäre Ursula sich hinter Klostermauern, nachdem ihr Plan scheitert, mit dem angehenden Mönch Martin L. durchzubrennen.
Unsere Inszenierung kümmert sich nicht allein um die Person Luthers, sondern legt Schwerpunkte auf die historischen Rahmenbedingungen, auf die politische Dimension, auf den Missbrauch Luthers durch die deutschen Fürsten, auf die Auseinandersetzung mit Thomas Müntzer und die Aufarbeitung einer deutschen Epoche, erklären die Macher, die auf die Vorlage des erfolgreichen norwegischen Autorengespanns Gisle Kverndokk als Komponist und Oystein Wiik als Verfasser des Librettos setzen.
Die Autoren stricken ihre Handlung um den historisch korrekten Kern: Tetzels Ablasshandel, der Reichstag zu Worms, Luthers Jahre auf der Wartburg und die Bauernkriege kommen ebenso im Musical vor wie eher legendäre Begebenheiten beispielsweise das berühmte Gewitter, in dem Martin gelobt, ein Mönch zu werden. Thematisiert wird auch der Streit um den richtigen Glauben und um den Konflikt mit Thomas Müntzer als ehemaligem Anhänger Luthers, der die Bauern aber zur Not auch mit Gewalt befreien will. So werden die Bauernkriege erst möglich und behindern die Suche nach Verständigung und Frieden, wie es im Ankündigungstext der Katakombe heißt.
Das schon mehrfach erfolgreich in der Frankfurter Nikolaikirche aufgeführte Musical haben das evangelische Dekanat Herborn und die evangelische Dekanatsjugend zusammen mit der Stadt Herborn und dem Religionspädagogischen Amt nach Herborn geholt. Die Gemeinschaftsaktion erklärt sich durch den Umstand, dass das neue Projekt in der 50. Spielzeit der Frankfurter Katakombe sich für Jugendliche und Schulklassen ebenso wie für interessierte Erwachsene eignen soll.
Dafür überschreiten die Darsteller einige Grenzen: Der Papst wird von einer Frau gespielt, und neben Mönchsroben und dem Schlapphut Kaiser Karls V. tragen Luthers Zeitgenossen auch mal abgezammelte Lederjacken. Dabei lassen sie den angesichts des Themas angemessenen Ernst nicht vermissen. Die Mischung aus Ernst und Ulk funktioniert, weil Luther den anderen die Späße überlässt, erklären die Katakombe-Leute dazu: Martin L. selbst tritt als tief religiöser, grübelnder Mensch auf. Um die inneren Konflikte zu verdeutlichen, wird für das Musical Luthers Gewissen personalisiert: Ein gewisser Jörg begleitet den Helden. Er prüft Luthers Entscheidungen, indem er ihn dazu befragt und ihm gegebenenfalls ins Gewissen redet. Der Name Jörg ist natürlich kein Zufall: Luther nannte sich Junker Jörg, als er sich auf der Wartburg verstecken musste.
Karten für das Gastspiel der Frankfurter Katakombe gibt es im Vorverkauf für Jugendliche zum Preis von fünf Euro und für Erwachsene für zehn Euro in der Schloss-Buchhandlung in Herborn, der Buchhandlung Rübezahl in Dillenburg und im Museumsstübchen in Haiger beziehungsweise an der Abendkasse. (klk)