Rund 200 Herbornerinnen und Herborner feierten am Reformationstag die Einweihung des umgestalteten „Platz an der Linde“. Bei der Feierstunde am 31. Oktober pflanzten Bürgermeister Hans Benner, Stadtverordnetenvorsteher J. Michael Müller sowie die beiden Pfarrer Ronald Lommel (Ev. Kirchengemeinde) und Christian Fahl (Kath. Kirchengemeinde) symbolisch die neue Winterlinde und erinnerten daran, welche Wirkungen die Reformation auch im modernen Leben der Menschen hinterlassen hat. Das neuzeitliche Credo der Reformation formulierte Pfarrer Ronald Lommel als „heute den Glauben gemeinsam leben“.
„Lebensfreude und Gemeinschaft sind es, die die Herborner auszeichnet. Deshalb ist es erfreulich, dass der Platz an der Linde, der seit jeher ein Ort der Begegnung und des Gesprächs gewesen ist, jetzt wieder in neuem Gewand für die Öffentlichkeit bereitsteht“, sagte Bürgermeister Hans Benner. „Am bevorstehenden Martinimarkt wird dieses Eingangstor zur Innenstadt wieder für das Markttreiben genutzt und wenn die Linde erst gut angewachsen ist, wird ihre Blätterkrone uns in den kommenden Sommern wieder Schatten spenden und uns erfreuen“, stellte er in seiner Ansprache fest.
Die schattenspendende Eigenschaft und die spätere Aufstellung eines Bürgerdenkmals seien auch der Grund, warum die alte aufgearbeitete Rundbank nun entgegen des Planungsentwurfs an der älteren Linde aufgestellt worden sei.
Stadtverordnetenvorsteher J. Michael Müller unterstrich bei der Feierstunde die weltlichen Errungenschaften, die auf das Wirken Martin Luthers zurückzuführen seien: Ohne die Emanzipation von Kirche und Glauben, die von der Reformation angestoßen worden sei, seien auch die Chancen zur Bildung und Emanzipation der Frauen begrenzt gewesen. Ebenso bedeutend sei Luthers Werk für die Idee der individuellen Freiheit gewesen, das unser heutiges Freiheitsverständnis maßgeblich geprägt habe.
Der neue Pfarrer der St. Petrus Gemeinde Christan Fahl brachte zum Ausdruck, dass die gemeinsame Baumpflanzung ein versöhnliches Zeichen für die Verständigung der beiden Konfessionen sei und symbolisch für die Versöhnung der Mitglieder christlichen Glaubensgemeinschaften mit Gott sei.
Pfarrer Ronald Lommel, für den die Pflanzung der Linde seine letzte Amtshandlung als Gemeindepfarrer war, hob hervor, dass dem Lindenbaum historisch viele Attribute zugesprochen worden seien. Er gelte aufgrund der Blattform, die an ein Herz erinnere, als Baum der Liebe und der Versöhnung. In vielen Dörfern und Städten, so eben auch in Herborn, bildete die Linde ein Zentrum an dem sich die Menschen begegneten, Gespräche geführt wurden, Feste und Trauungen gefeiert wurden oder Versammlungen stattfanden. Unterstützt durch einen Ausspruch, der Martin Luther zu geschrieben wird, lud Ronald Lommel die Volkstanzgruppe der Egerländer Gmoi zum Einweihungstanz auf dem neuen Platz ein: „Unter den Linden pflegen wir zu singen, trinken, tanzen und fröhlich sein. Nicht ernsten und streiten, denn die Linde ist uns ein Freude- und Friedensbaum.“ (dg)