Schumann selbst pflegte damals die Herborner Heimatkunde und erzählte seinen Schülern gerne und reichlich Herborner Anekdoten und Sagen. Eben dieser Lehrer hat die schriftstellerische Begabung Walter Schwahns entdeckt und bemühte sich, ihn zu fördern.
Der Schulbesuch nach der Volksschule war schulgeldpflichtig und Geld war knapp im Hause Schwahn. Zudem gehörte Walter Schwahn zu jener Generation, deren Leben von den beiden Weltkriegen in besonderem Maße verdüstert wurde. Schwahn machte eine Buchhändlerlehre, deren erfolgreicher Abschluss führte jedoch in der Weltwirtschaftskrise von 1930 zunächst in die Arbeitslosigkeit, bis er eine Stelle in der Industrie fand.
Seine Stunde als Heimatschriftsteller schlug nach dem Zweiten Weltkrieg. Zur 700-Jahrfeier Herborns im Jahr 1951 sollte ein Stück Heimatgeschichte auf die Bühne gebracht werden. Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben, den Walter Schwahn mit seinem Entwurf der “Barbara“ für sich entscheiden konnte. Der Stoff stammte aus der Herborner Sagenwelt, verbunden mit handfesten historischen Überlieferungen des Stadtschreibers Hoen aus dem Dreißigjährigen Krieg. Die Dramatisierung und die Gestaltung zeigen jenen Walter Schwahn, dessen sicheres Gespür für packende Szenen und machtvolles Anliegen, seinen Mitbürgern Botschaften zu übermitteln, schon damals ausgereift vorhanden waren.
Die „Barbara“ rückt die sogenannten einfachen Leute in den Mittelpunkt. Der Konflikt um den mit knapper Not und nicht zuletzt ausgerechnet von dem verachteten Scharfrichter verhinderten Justizmord an Barbara, lässt die gerade in der Heimatliteratur gerne paradierten Eliten aus Politik, Militär und Kirche ziemlich kläglich aussehen.
Der Nachlass des vor dreißig Jahren Verstorbenen besteht neben den von ihm verfassten Bühnenstücken aus zahllosen Beiträgen für das Herborner Tageblatt (als wsw). Seine regelmäßigen Kolumnen sorgten dafür, dass der Herborner Ehrenbürger und Träger der Bundesverdienstmedaille einem breiten Publikum in Erinnerung geblieben ist: mal als nüchterner Berichterstatter, mal den Mitmenschen arglos den Spiegel vorhalten. Walter Schwahns literarisches Werk ist in vielerlei Hinsicht eine Hommage an seine Heimatstadt.
Die Ausstellung konnte nur verwirklicht werden, weil die Kennerin dieses Lebenswerks, Walter Schwahns Tochter Anne Schmidt, eine Auswahl von Texten zur Verfügung stellte, die in der Stadtbücherei digitalisiert wurden. Wer eintauchen will in die Werke von Walter Schwahn kann im Online-Katalog der Stadtbücherei einige seiner Beiträge aufrufen und lesen.
Gegenstände aus Schwahns Alltag eignen sich nicht nur, um die Optik einer sonst zwangsläufig aus Bildern und Texten bestehenden Ausstellung aufzuhübschen, sondern auch für die Darstellung seiner Lebensumstände. Sie zeigen sehr schön, dass der Mann, der Vielen Freude machte und gute Anregungen gab, ein stilles, bescheidenes Leben führte.
Die Sonderausstellung „Walter Schwahn“ ist bis Anfang September zu sehen. Das Museum Herborn ist Samstag, Sonntag, Mittwoch und Donnerstag jeweils von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr sowei nach Vereinbarung geöffnet, letzter Einlass ist um 16.30 Uhr. Weitere Informationen unter www.museum-herborn.de. (RSt/ul)
Bild: Gemälde von Walter Schwahn gezeichnet von Erich Grimm.