Wo früher Bahnmitarbeiter am Schalter Fahrkarten verkauft und aufgegebenes Gepäck angenommen haben, stehen jetzt die Schreibtische der städtischen Mitarbeiter. Noch sind nicht Arbeitsutensilien und Unterlagen an ihrem endgültigen Platz angekommen, aber der Betrieb läuft nach den hektischen Umzugstagen wieder weitgehend reibungslos. Ungewohnt sind noch die neuen Platzverhältnisse: Rund 140 Quadratmeter groß ist das Stadtmarketing-Büro samt Empfangstheke und Sitzungsraum. "Das sind im Vergleich zum vorherigen Büro richtig `lange´ Wege, wenn man mit den Kollegen sprechen will", lacht Bianka Winkel. Im historischen Rathaus, wo mittlerweile die IT-Abteilung in das nicht barrierefrei zu erreichende frühere Büro eingezogen ist, konnte sie sich bislang in Zimmerlautstärke mit den im gleichen Raum sitzenden Kollegen verständigen.
Der Umzug ins von der Stadt Herborn gekaufte und aufwändig sanierte Bahnhofsgebäude ist nicht unumstritten gewesen. Viele hätten die auch für den Tourismus zuständigen Rathaus-Mitarbeiter lieber im ehemaligen Hessentagsbüro mitten in der Stadt gesehen. Durchgesetzt hat sich schlussendlich aber die Argumentation, dass der Bahnhof mit den auf der anderen Seite der Gleise entstandenen Parkflächen im Zuge der Aufwertung der Bahnhofsstraße das ideale Entrée zur Stadt bildet. Zudem sei der Bahnhof wegen der neuen Parkplätze sowohl für Zugfahrer als auch mit dem Auto anreisende Touristen der geeignete Ausgangspunkt für Stadtbesuche und Wandertouren.
Tatsächlich fühlt man sich im neuen Stadtmarketing-Büro "mittendrin" im Geschehen: Erreichbar ist es sowohl von der Wartehalle als auch vom Gleis 1 aus, und durch die großzügig dimensionierten Fenster haben die Mitarbeiter die Bus- und Zugreisenden rund um das denkmalgeschützte Gebäude immer im Blick. Dass sich nicht nur Pendler und Schüler im Bahnhofs-Umfeld aufhalten, sondern mitunter auch konfliktträchtiges Publikum, war eines der Argumente gegen den neuen Standort. In den vergangenen Monaten gab es tatsächlich bereits mehrere Vorfälle von grobem Vandalismus am Bahnhof. Nun lassen die Ordnungshüter verstärkt ihre Aufmerksamkeit dem Treiben rund um den Bahnhof zukommen. Und: Je mehr Leben und Betrieb durch die Besucher des Stadtmarketings und andere Mieter dort einkehrt, desto weniger attraktiv werde das Gebäude als Ort für unbeobachtete Straftaten, so die Hoffnung.
Viele dieser Besucher sind Touristen: Tatsächlich hat Herborn eine hohe Anziehungskraft, und dieses Jahr dürften bedingt durch den Hessentag die Besucherzahlen noch einmal in die Höhe steigen. Der Tourismusbereich ist eine Kernaufgabe der Stadtmarketing-GmbH, wie deren Geschäftsführer Jörg Michael Simmer erläutert. "Dazu gehört nicht nur das Wandern, sondern beispielsweise auch der Radtourismus und die Stadtführungen." Die werden vor allem von auswärtigen Besuchergruppen angefragt: Neben den Individualtouristen kommen jährlich mehrere hundert Busse - mit nach wie vor steigender Tendenz, wie Birgit Ernst weiß, die als Stadtführerin schon selbst vielen Besuchern die schönsten Seiten von Herborn gezeigt hat.
Das Organisieren und Ausrichten von Veranstaltungen ist das zweite große Feld, das die Stadtmarketing-Mitarbeiter beackern. Neben "Klassikern" wie dem Weinfest kommen auch immer wieder neue Formate hinzu, die neues Planen gemeinsam mit den Veranstaltern erfordern. "Wir sind dieses Jahr zum zweiten Mal Etappenort der hr4-Radtour", verrät Simmer: "Am 4. August werden bis zu 800 Radfahrer nach Herborn kommen." Weitere Wegmarken im Veranstaltungskalender sind das 4. Herborner Sparkassen-Sportfest am 13. Mai sowie zwei Oldtimer-Events des ADAC und der Lions-Serviceclubs. "Für 2018 gibt´s dann ein, zwei nette Überraschungen", kündigt der Stadtmarketing-Chef an.
Damit sind die Aufgaben für die nun im Bahnhof beheimatete Truppe aber keineswegs erschöpft. Vieles geschieht auch im Verborgenen, beispielsweise das Pflegen verschiedener Mitgliedschaften und das Mitarbeiten in Verbänden und Institutionen wie der Deutschen Fachwerkstraße, dem Westerwald-Touristik-Service, beim Verein Region Lahn-Dill-Bergland und dem interkommunalen Tourismusprojekt "Rondevu", das zehn Städte und Gemeinde im nördlichen Lahn-Dill-Kreis zum Hessentag auf Basis der früheren AG Hessischer Rothaarsteig entwickelt haben.
Das Stadtmarketing-Büro hat wie gewohnt montags bis mittwochs von 8.30 bis 16.30 Uhr, donnerstags bis 17 Uhr und freitags bis 12.30 Uhr geöffnet. Im Frühjahr, ab Ende April oder Anfang Mai, wenn die Saison beginnt und an den Wochenenden wieder mehr auswärtige Besucher in die Stadt kommen, wird freitags am Nachmittag wieder verlängerte beziehungsweise zusätzliche Öffnungszeiten geben. Samstags und sonntags soll dann – wahrscheinlich zwischen 11 und 14 Uhr - auch die bislang im Rathaus-Foyer angesiedelte Tourist-Info im Bahnhof öffnen. Die Telefonnummern sind ebenfalls die aus dem Rathaus bekannten: Jörg Michael Simmer ist unter Tel. (02772) 708 224, Birgit Ernst unter Tel. 708 413, Michael Menk unter Tel. 708 223 und Bianka Winkel unter 708 421 zu erreichen. Als Sammel-E-Mail-Adresse der Stadtmarketing-GmbH dient tourist@herborn.de. (klk)