Herborn, 12.3.2015: Seit Jahrzehnten schlummerte auf dem Speicher von Bäckermeister Wilfried Schmidt aus Haiger-Allendorf eine echte Rarität: eine Teigbreche, die noch von seinem Urgroßvater stammt und aufgrund von Veränderungen im Bäckerhandwerk schon seit Jahrzehnten nicht mehr benötigt wird. Optisch erinnert die Teigbreche an einen länglichen Schemel, in dessen Mitte ein schwertähnlicher Hebel in einem Gelenk befestigt ist. Unter das Schwert wurde der zu brechende - also zu knetende - Teig gelegt; auf der anderen Seite des Schemels saß eine Person, die den Teig immer wieder drehte und unter das Schwert legte. Das Schwert wurde heruntergedrückt und der Teig so geknetet. Verwendung fand die Teigbreche insbesondere bei der Herstellung der Herborner Fastenbrezel. Das Kneten von Hand war Knochenarbeit, denn der Brezelteig ist eiskalt und somit steinhart. Mitte des 20. Jahrhunderts übernahmen schließlich elektrische Knetmaschinen die Arbeit und die Teigbreche hatte ausgedient. Da sie komplett aus Holz ist, grenzt es an ein Wunder, dass sie nach der "Ausmusterung" nicht zum Heizen verwendet wurde.
Heinrich Christian Schmidt, der Urgroßvater von Wilfried Schmidt, wurde 1821 in Herborn als Sohn des Schuhmachers Heinrich Schmidt und seiner Ehefrau Wilhelmine Henriette (geb. Schumann) geboren. Er erlernte das Bäckerhandwerk und zog der Liebe wegen nach Haiger-Allendorf; im Gepäck hatte er das Rezept der Herborner Fastenbrezel und die Teigbreche. 1849 heiratete er die Allendorferin Katharine Elisabethe Engelbert und eröffnete im gleichen Jahr eine Bäckerei, die zum Grundstein für vier Generationen Bäckerhandwerk wurde. Mit Wilfried Schmidt endet diese Familientradition. Damit das gute Stück nicht doch irgendwann zum Heizen verwendet wird, ermöglichte er der Teigbreche die "Heimreise" und bot sie der Stadt Herborn für das Museum an. Dort wird sie in die Dauerausstellung aufgenommen und die Darstellung des Herborner Handwerks bereichern.