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Unverletzte Jungtiere am Fundort belassen – in der Regel sind sie nicht verlassen!

Unverletzte Jungtiere am Fundort belassen – in der Regel sind sie nicht verlassen!

Herborn, 22.5.2014: Die frühe warme Witterung sorgt dafür, dass nicht nur im Vogel- und NaturschutzTierpark Herborn die Jungtiersaison dieses Jahr bereits im vollen Gange ist. Auch in der Natur boomt der Familienzuwachs.


So erfreulich das auch für alle Naturliebhaber ist, so hält der Jungtierzuwachs in der Natur leider auch in diesem Frühjahr die Mitarbeiter des Vogelparks stark in Atem. Denn erneut häufen sich die Fälle, in denen nur scheinbar verlassene Jungtiere von Tierfreunden in falsch verstandener Tierliebe aufgegriffen werden, um sie von Hand großzuziehen.


Vogelparkleiter Wolfgang Rades warnt die Bevölkerung im Interesse der Tiere vor allzu großen Vermenschlichungen und bittet die Tierfreunde dringend darum, unverletzte Jungtiere am Fundort zu belassen. Denn wie der Diplom-Biologe betont, handelt es sich bei den weitaus meisten - nur scheinbar hilflosen - Jungtieren gar nicht um Waisen. So suchten Säugetiermütter wie Rehe oder Feldhasen ihre abgelegten Jungtiere nur einige Male am Tag oder auch in der Nacht zum Säugen auf, überlassen sie aber ansonsten sich selbst!


In der Vogelwelt kommt es nach Mitteilung des Vogelparkleiters oft vor, dass noch kleine, aber schon befiederte Jungvögel, z. B. Eulen oder auch Singvögel, ihr Nest vorzeitig verlassen. Rades: „Diese noch nicht flugfähigen Jungvögel werden als „Ästlinge“ bezeichnet, da sie ihr enges Nest schon früh verlassen. Im Astwerk oder auf einer Wiese sitzend stehen sie weiterhin durch Bettelrufe mit ihren Eltern in Verbindung. Als Teil der Fortpflanzungsstrategie der Vögel ist dies ein natürlicher Vorgang. Denn auch außerhalb des Nests werden diese „Ästlinge“ weiter von ihren Eltern versorgt.“ Deswegen sei es falsch verstandene Tierliebe, wenn Tierfreunde solche Jungvögel, die ja gar keine menschliche Hilfe benötigen, aufgreifen und somit quasi „kidnappen“ würden. Nur in den Fällen, in denen der Aufenthaltsort eines Jungvogels an einem kritischen Platz, etwa direkt an einer stark befahrenen Straße oder auf einem Kinderspielplatz ist, sollte man helfend eingreifen, aber natürlich mit Augenmaß! In solchen Fällen empfiehlt es sich, den Jungvogel in einigen Metern Entfernung an eine geschützte Stelle, zum Beispiel in eine Hecke oder unter ein Gebüsch, umzusetzen. Noch nackte Jungvögel sollten hingegen möglichst vorsichtig ins Nest zurückgesetzt werden.


Wie der Herborner Biologe betont, ist bei den Vögeln die Berührung durch den Menschen unproblematisch, da sich die Vogeleltern im Gegensatz zu Säugetieren nicht am menschlichen Geruch stören. Dringend raten die Experten davon ab, Jungtiere zur Handaufzucht mitzunehmen. Denn erstens sei die Handaufzucht zumeist schwierig. Zudem hätten von Hand aufgezogene Jungtiere selbst bei fachgerechter Pflege sehr viel schlechtere Überlebenschancen als die in der Natur aufgewachsenen. „Nicht von ungefähr erlaubt das Bundesnaturschutzgesetz die vorübergehende Aufnahme von Jungtieren wildlebender Arten nur dann, wenn sie verletzt oder krank und somit wirklich hilflos sind“, betont der Vogelparkleiter.


In Zweifelsfällen empfiehlt es sich, telefonische Auskünfte bei der Unteren Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung (im Lahn-Dill-Kreis Tel. 06441/4071831), der Vogelklinik Gießen (Tel. 0641/9938432), der Staatlichen Vogelschutzwarte in Frankfurt (Tel. 069/420105-0), der örtlichen NABU-Gruppe oder im Vogelpark Herborn (Tel. 02772/42522) einzuholen. Immer wieder muss das Vogelparkteam darauf hinweisen, dass Herborns Tiergarten längst nicht alle pflegebedürftigen Vögel aufnehmen kann. Rades: „Dies hat neben den begrenzten Kapazitäten im Vogelpark auch hygienische Gründe. Denn es gilt, ein Infektionsrisiko für den kostbaren Vogelbestand unseres Parks auszuschließen.“ Deswegen kann sich das Vogelparkteam in seiner kleinen Auffangstation nicht um die häufigen Arten wie Singvögel, Mauersegler, Tauben oder Enten kümmern, sondern nur Vertreter der selteneren Arten wie Greifvögel, Eulen, Störche, Kraniche, Reiher, Taucher oder Eisvögel aufnehmen.


Da im Gegensatz zu einigen anderen Bundesländern, die Arbeit von Wildtierpflegestationen in Hessen leider kaum vom Land bezuschusst wird, ist der Vogelpark Herborn aufgrund der - übrigens freiwillig - erfolgenden Übernahme der Aufgaben einer Greifvogelpflegestation sowie der Beratung von Naturfreunden natürlich froh über jede finanzielle Unterstützung Diese kann durch die Übernahme einer Patenschaft erfolgen oder auch „nur“ durch die Eintrittsgelder der Vogelparkbesucher.