Was der Elysee-Vertrag zwischen Frankreich und Deutschland im Jahr 1963 besiegelte, mündete am 14. Juli 1968, am französischen Nationalfeiertag, in die feierliche Verschwisterung zwischen Herborn und Pertuis. Seither haben engagierte Personen in beiden Ländern die Städtepartnerschaft mit Ideen und Leben gefüllt. Generationen junger Menschen haben durch Schüleraustausche Einblick in die vermeintlich fremde Kultur erhalten, haben Sprachbarrieren und Vorurteile abgebaut.
In den 1960er Jahren war es der Dialog der Kulturen, der nach der Erfahrung der Weltkriege ein vertrauens- und verständnisvolles Miteinander begründen sollte. Es gab noch keinen einheitlichen Wirtschaftsraum, keine Freizügigkeit an den Landesgrenzen, keine gemeinsame Währung. Doch gab es ein starkes Bewusstsein dafür, dass man sich kennenlernen muss, um sich zu mögen. Aus dem Kennenlernen wurde über die Jahre ein Sich-Kennen, das bis heute die Grundlage für die beständige Freundschaft zwischen Menschen beider Städte ist.
Jährlich besuchen Schülergruppen des Johanneum-Gymnasiums und der Comenius-Schule das Collège Marcel Pagnol in Pertuis und umgekehrt. Bis heute sind der persönliche Kontakt und der freundschaftliche Austausch zwischen den Menschen das Fundament der lebendigen Städtepartnerschaft. Dies ist insbesondere den Engagierten der Partnerschaftsorganisationen, den „Freunden von Pertuis“, dem ehemaligen Verein „Les Amis d’Herborn“ sowie jetzt dem Partnerschaftsausschuss „Comité de Jumelage Pertuis-Herborn“, zu verdanken.
Welche Mühe es bedeutet, die deutsch-französische Freundschaft zu pflegen und zu leben, verdeutlichte Richard Brütting, 1. Vorsitzender des Vereins der „Freunde von Pertuis“, Anfang Februar anlässlich der zweitägigen Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen des Herborner Partnerschaftsvereins. Neben den traditionellen Besuchen im Rahmen von Vereins- oder Bürgerfahrten gehören Vorträge und Lesungen sowie ein „Club de lecture“ – ein Lesezirkel, in dem französische Literatur gelesen und besprochen wird –, zu den regelmäßigen Vereinsaktivitäten. Kulinarisch widmen sich die Vereinsmitglieder dem Erkunden der jeweiligen Esskultur. Gemeinsame Theater- oder Museumsbesuche sollen den Blick für das europäische Kulturerbe schärfen. Seit wenigen Jahren finden auch die Begegnungen auf halbem Weg – „Rencontres à mi-chemin“ – viel Anklang. Hierbei trafen sich Bürgerinnen und Bürger aus beiden Städten in Lyon (2014), Straßburg (2015) und Rottweil (2017). In diesem Jahr ist ein Treffen in Dijon geplant.
Konzerte mit dem Blasorchester des Johanneums in Pertuis oder das Gastspiel des provenzalischen Bläserquintetts „Giocoso“ zum Vereinsjubiläum sprechen die Sprache der Völkerverständigung. Denn Musik ist eine universelle Sprache, die alle Menschen unabhängig von der Nationalität verstehen.
Im Jubiläumsjahr der Städtepartnerschaft werden sich wiederum Offizielle zum Französischen Nationalfeiertag in Pertuis treffen. Die Verantwortlichen haben sich darauf verständigt, das Partnerschaftsjubiläum 2019 in Herborn mit einem Fest für die Öffentlichkeit zu begehen. Bis dahin und für den Weg in die Zukunft gilt „Vive l’amitié“ oder „Es lebe die Freundschaft“: Damit auch zukünftig Menschen in den beiden Partnerstädten die Idee Europas durch die gegenseitigen Besuche besser verstehen und leben. (dg)
Bild: Verein Freunde von Pertuis