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Vogel- und NaturschutzTierpark Herborn ruft zum Schutz zuwandernder Wölfe auf

Vogel- und NaturschutzTierpark Herborn ruft zum Schutz zuwandernder Wölfe auf

Herborn, 5.2.2015: Es ist noch keine drei Jahre her, dass unweit des Lahn-Dill-Kreises ein aus der französisch-italienischen Population zugewanderte Wolfsrüde im Westerwald bei Hachenburg durch ein, wie es Herborns Vogelparkleiter Wolfgang Rades betont, offensichtlich "ewiggestriges schwarzes Schaf" unter den heutzutage eigentlich wesentlich vernünftigeren Jägern widerrechtlich erschossen worden war. Auch dass ihm Forscher aufgrund seiner Herkunft liebevoll den Namen "Pierre-Luigi" gegeben hatten, hatte das Tier, das sich monatelang nahezu unbemerkt in der Region Mittelhessen/Westerwald aufgehalten hatte, letztlich nicht vor diesem unnötigen Schicksal bewahrt. Doch damals wurde klar, "Pierre-Luigi" würde nicht der letzte bei uns einwandernde Wolf bleiben.

Und offenbar ist es wieder soweit: Vor kurzem konnte im benachbarten Landkreis Siegen-Wittgenstein erneut ein Wolf beobachtet und mit Bildern einer Wildkamera nahezu zweifelsfrei identifiziert werden. Einige Wochen zuvor war bereits ein Wolf aus dem Nordosten des Landes NRW gemeldet worden. Letzte Sicherheit soll die DNA-Analyse einer Speichelprobe geben.

Damit dieser Wolf nicht das gleiche Schicksal wie sein Artgenosse im April 2012 erleidet, ruft das Team des Vogel- und NaturschutzTierparks Herborn, der sich in Kooperation mit den Naturschutzverbänden, insbesondere dem Arbeitskreis Hessenluchs (www.luchs-in-hessen.de) und dem NABU (www.nabu-hessen.de) für den Schutz der zu Unrecht verfemten großen Beutegreifer Wolf und Luchs einsetzt, zu seinem konsequenten Schutz auf!

"Als Brücke zwischen Mensch und Tier und als Partner der Naturschutzverbände, wie auch als Partner der glücklicherweise zunehmenden echten Naturfreunde und Naturschützer unter den Jägern, erreicht unser Park, der derzeit aufgrund der winterlichen Witterung bis voraussichtlich zum 1. März geschlossen ist, jährlich mehr als 40.000 Besucher," erläutert Diplom-Biologe Wolfgang Rades die umweltpädagogische Bedeutung des Naturerlebniszoos im Herborner Stadtteil Uckersdorf. So sensibilisiert das Vogelparkteam mit Hilfe der hier gepflegten mehr als 300 Tiere in etwa 80 Arten und mit einer Zooschule seine Besucher getreu den Leitsätzen "NaturNah erleben" und "Wer Tiere kennt, wird Tiere schützen!" unaufdringlich für den Naturschutz, der nicht zuletzt auch der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist.

Zwar sind in Herborns "etwas anderem" Vogelpark keine Wölfe zu beobachten, da der Tierpark über zu wenig Fläche verfügt. Aber verschiedene andere Beutegreifer, allen voran die possierlichen südafrikanischen Erdmännchen, oder auch der bei uns heimische Uhu, fungieren als Sympathieträger und Botschafter für den Schutz der Beutegreifer wie Luchs und Wolf.

Herborns Vogelparkleiter, der auch Gründungsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Internationaler Artenschutz im NABU ist, betont, dass wir aktuell in einer im Natur- und Artenschutz besonders spannenden Zeit leben. - Rades: "Zwar zerstören wir einerseits nur allzu kurzsichtig immer mehr Natur und damit auch ein wichtiges Stück unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Andererseits haben wir die große Chance, auch im dichtbesiedelten Mitteleuropa Wiedergutmachung an den vom Menschen so lange rücksichtslos verfolgten und letztlich ausgerotteten großen "Raubtieren" zu betreiben, und damit auch im internationalen Naturschutz ein ganz wichtiges Zeichen zu setzen!"

Dazu gehört nach Überzeugung des Tiergartenbiologen und Ökologen, der sich ehrenamtlich auch als Luchsbeauftragter im "Arbeitskreis Hessenluchs" engagiert, unbedingt, dass der Naturschutz Akzeptanzwerbung für Luchs, Wolf, Habicht (den Vogel das Jahres 2015), Uhu und Co. im Schulterschluss mit den zeitgemäß und verantwortungsvoll jagenden Waidmännern macht.

Wolfgang Rades: "Deswegen sollten wir übrigens, statt von "Raubtieren", richtiger von "Beutegreifern" sprechen, denn diese Tiere "rauben" nicht, um zu stehlen, sondern um zu überleben!"

Seit dem Jahr 2000 gibt es in Deutschland vor allem durch Zuwanderung aus Polen, ein wachsendes Wolfsvorkommen, nachdem der Wolf vor etwa 100 Jahren bei uns ausgerottet worden war. Das Institut für Wolfsmonitoring und -forschung, LUPUS, geht zurzeit von etwa 25 Wolfsrudeln, acht Wolfspaaren und drei sesshaften Einzelwölfen in Sachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen aus.

Den Vogelparkleiter freut es, dass der Abschuss dieser Tiere gesetzlich verboten ist. Denn leider hatten lange Zeit hass- und vorurteilserfüllte Menschen in Deutschland jeden Wolf, der es wagte, die Nase über den ehemaligen "eisernen Vorhang", also die bis vor etwa 25 Jahren streng abgeriegelte Grenze zwischen Ost- und Westeuropa, zu strecken, sofort abgeschossen. Rades: "Auch sein Schutzstatus hat den im Jahre 2012 in unserer Region beobachteten Wolf "Pierre-Luigi" nicht davor bewahrt, abgeschossen zu werden!" Die zwischenzeitliche Verurteilung des Schützen mache den Wolf leider auch nicht wieder lebendig!

Natürlich stellt sich die Frage, wie es denn eigentlich zum schlechten Ruf des Wolfes als extrem scheuer Vorfahre unseres liebsten Haustieres, des Hundes, gekommen ist. Denn dieser Verruf habe zur Ausrottung des Wolfes in Deutschland über einen sehr langen Zeitraum geführt.

Dazu erläutert der Herborner Biologe, dass der Wolf, ebenso wie Luchs und Bär, lange Zeit ein wirklicher Konkurrent des Menschen war. Rades: "Natürlich kann ein Wolf nicht zwischen den Wild- und den Nutztieren unterscheiden. Nachdem der Mensch begonnen hatte, Schafe und Ziegen zu züchten, hatten sich die großen Beutegreifer auch an den lebenden Nahrungsvorräten einer damals sehr armen Bevölkerung vergriffen, da diese für sie eine leichte Beute waren."

Dadurch ist der Wolf (wie auch der Luchs) in Verruf geraten und galt als bösartig und grausam. Im Märchen verschlingt der Wolf das Rotkäppchen und die Großmutter und schleicht sich bei den sieben Geißlein ein. Wolfgang Rades erinnert daran, dass man im finsteren Mittelalter auch an Werwölfe, also an Menschen, die sich bei Vollmond in blutrünstige Wölfe verwandeln und andere Menschen töten, glaubte: " Aber das sind eben Märchen! Seit Wölfe wieder in Deutschland leben, hat es noch nicht eine gefährliche Situation gegeben, Wölfe sind extrem scheu und zeigen keinerlei aggressives Verhalten gegenüber Menschen!"

Wölfe ernähren sich hierzulande vorwiegend von Rehen, Rot- und auch Schwarzwild. Wenn es doch mal vorkomme, dass Schafe oder Ziegen vom Wolf gerissen werden, so ersetze das Land den Verlust dem Geschädigten aus dem Naturschutzhaushalt. Wie der Tiergartenbiologe mitteilt, sei der Mensch zudem in der Lage seine Herden mit Zäunen und Herdenschutzhunden effektiv zu schützen. Dies zeigten Länder wie Rumänien, Italien oder Schweden, wo der Wolf noch sehr viel häufiger ist, schon seit Jahrhunderten. Rades: "In diesen Ländern lebt der Mensch seit Jahrtausenden mit den Wölfen, Luchsen sowie Bären und hat sich längst mit ihnen arrangiert!"

Rehe und junge Wildschweine als leichte Beute für den Wolf gäbe es hierzulande ohnehin genug. Rades: "Auch wenn es für so manchen verstädterten Mitmenschen grausam klingen mag: Die Regulation des Wildbestandes durch Luchse und Wölfe, die vor allem kranke und schwache Tiere erbeuten, ist wichtig für eine intakte Umwelt! Der menschliche Jäger kann diese Aufgabe nur sehr eingeschränkt verrichten, wie auch die geradezu explodierenden Populationen z. B. der Wildschweine zeigen."

Sehr viel verhängnisvoller sowohl für das Wild als natürlich auch die Beutegreifer sei in unserem dichtbesiedelten Land die Zerschneidung der Lebensräume durch Verkehrswege. Alleine in Hessen kämen jährlich ca. 16.000 Rehe durch den Straßenverkehr zu Tode.

Rades: "Somit gilt es, durch die sorgfältige und möglichst naturschonende Auswahl neuer Verkehrswege sowie durch die Entschärfung bestehender Unfallbrennpunkte für Wildtiere mit Hilfe von Wildschutzzäunen und Grünbrücken über Straßen und Schnellbahnstrecken sowohl den Beutegreifern wie Wolf und Luchs als auch ihren Beutetieren zu helfen - zum Wohle von Mensch und Natur! Dies wäre nicht zuletzt ein Stück Wiedergutmachung an der Natur!"

Weitere Auskünfte gibt es unter der Rufnummer 02772/42522 oder im Internet (www.vogelpark-herborn.de). Wolfs- und auch Luchsbeobachtungen können Wolfgang Rades als Luchsbeauftragtem im Arbeitskreis Hessenluchs gleichfalls unter dieser Rufnummer oder per E-Mail (info@vogelpark.herborn.de) mitgeteilt werden.