Kühe sind lila! Es soll Kinder geben, die noch nie eine echte Kuh gesehen haben und von der entsprechend gefärbten Werbekuh aus dem Fernsehen auf das allgemeine Aussehen dieser Spezies schließen. Wie dem auch sei fest steht, dass viele Kinder tatsächlich nicht mehr viel von der heimischen Flora und Fauna wissen. Der Herborner Vogelpark will nun gegen diesen Trend angehen und gründet eine Zooschule, die Kindern und Jugendlichen, aber auch ihren Lehrern in Sachen Biologie unter die Arme greifen soll abgestimmt mit dem Lehrplan und mit Freude beim praxisnahen Lernen.
Die Zooschule, die im April starten soll, ist ein wirklich mutiger Schritt vom Vogelparkverein und dem Aufsichtsrat der Vogelpark-Gesellschaft: Trotz einer gekürzten Förderung durch die Lahn-Dill-Arbeit haben sie eine Dreiviertel-Stelle mit 30 Stunden für Diplom-Biologin Christin Dederich eingerichtet, die sich künftig ganz der neuen Zooschule widmen wird: Wir werden Themenführungen anbieten, die dem Lehrplan angepasst sind, erklärt die 27-Jährige. Angesprochen werden sollen Kindergarten-Kinder ebenso wie Abiturienten: Im zweiten Halbjahr der 13. Jahrgangsstufe beispielsweise sei das Thema Evolution dran, sagt Christin Dederich. In der sechsten Klasse werden Amphibien und Reptilien durchgenommen, außerdem ist eine Einführung in die Vogelwelt dran alles Themen, zu denen das in den vergangenen Jahren vom reinen Vogelpark in Richtung Naturerlebniszentrum entwickelten Einrichtung hervorragend praktische Erlebnisse zu den theoretischen Lerninhalten beisteuern kann. Für die Zooschule können wir viele Möglichkeiten des Parks ausschöpfen und einsetzen, freut sich Wolfgang Rades als Zoologischer Leiter des Parks auf die Herausforderung.
Die klassische Biologie kommt viel zu kurz bei unserer Ausbildung, erläutert er. Viel zu früh schon müssten die Schüler alles Mögliche zum Beispiel über Molekularbiologie lernen: Dabei können sie keine Amsel von einem Zaunkönig unterscheiden, wundert sich der Biologe. Die Zooschule ist für ihn ein notwendiger Schritt, um der fortschreitenden Naturentfremdung entgegen zu wirken: Bevor wir Spezialwissen aufbauen., sollten wir doch über ein gewisses Basiswissen verfügen, findet Rades. Er hat schon Abiturienten durch den Park geführt, die nicht wussten, dass Störche im Winter gewöhnlich nach Afrika ziehen, ja, noch nicht einmal, was ein Zugvogel überhaupt ist.
Als sogenannter außerschulischer Lernort hat sich der Uckersdorfer Vogelpark in den vergangenen Jahren zunehmend etabliert: Schon länger gibt es eine Kooperation mit dem Johanneum-Gymnasium, und seit 2009 arbeitet die Einrichtung eng mit der Biologie-Didaktik der Uni Gießen zusammen Professor Hans Peter Ziemek ist mittlerweile sogar stellvertretender Vorsitzender im Verein. Bei uns lernen die angehenden Lehrer das Lehren, freut sich Rades über die Kooperation. Durch die Universität, aber auch durch den wachsenden Bekanntheitsgrad des Vogelparks die Werbeprospekte finden sich bis weit ins Sauerland und in andere benachbarte Ferienregionen hinein sollen auch die Kinder und Jugendlichen aus weitem Umkreis zur Zooschule kommen. Über die Themenführungen, die Christin Dederich derzeit ausarbeitet, ist laut Rades nahezu alles vom Studientag bis hin zu Projektwochen im Vogelpark denkbar. Wichtig ist allen Beteiligten, dass die Kinder nicht durch den Park hetzen, sondern offenen Auges das Beobachten lernen, wie der Zoologische Leiter es formuliert. Dabei will das Vogelpark-Team, das mit Christin Dederich aus nunmehr acht festangestellten Mitarbeitern besteht, tatkräftig helfen: Ein weiterer begleitender Baustein der Zooschule wird beispielsweise eine neue Erkundungstour durch den Park werden, die ähnlich wie das Angebot der Vogelpark-Detektive an Grundschüler sowie Fünft- und Sechstklässler gerichtet ist, kündigt die Diplom-Biologin an, die 2007 ihr erstes Praktikum im Vogelpark machte und schon damals so begeistert war, dass eigentlich allen klar war, dass sie irgendwann dazugehören muss. Seit Jahresbeginn schon kümmert sie sich auch um die Jugendgruppe der Vogelpark-Entdecker, die sich regelmäßig im Vogelpark trifft, um hinter die Kulissen zu schauen und Projekte wie das Vivarium anzugehen.
Bislang lief das alles irgendwie so nebenher bei den Tierpflegern und bei mir, gibt Rades zu. Jetzt werden wir initiativ und machen wir das viel intensiver, verspricht er. Im ersten Schritt sollen die Schulen im Umkreis Infomaterial und Flyer zur Zooschule erhalten und auf das neue Angebot aufmerksam gemacht werden. Geschäftsführer Jörg Kring ist sich sicher: Im Idealfall werde auch der Vogelpark und damit jährlich über 40 000 Besucher von der Resonanz aus Kindergärten, Schulen und Uni profitieren beispielsweise in Form von Projektpräsentationen und Ausstellungen. Dass sich die Zooschule bei Gruppenpreisen von 20 Euro für eine Themenführung finanziell nie selbst tragen wird, ist allen bewusst: Bildung rechnet sich nicht, sagt Kring: wir sponsern das bewusst und gewollt. Dankbar wären die Initiatoren allerdings auch, wenn sich Sponsoren für das Equipment der Zooschule fänden, für die beispielsweise Mikroskope angeschafft werden sollen. Kontakt zur Zooschule und Christin Dederich gibt es unter Tel. (02772) 42522 und per E-Mail an info@vogelpark-herborn.de. (klk)
BU
In der Zooschule Natur und Biologie kennenlernen: Christin Dederich betreut das neue Angebot, das sie mit Wolfgang Rades (li) und Jörg Kring ins Leben gerufen hat.
Saisonöffnung verschoben
Die eigentlich für Sonntag (7. März) vorgesehene Parkeröffnung wird um voraussichtlich eine Woche auf den kommenden Sonntag (14. März) verlegt, teilte Parkleiter Wolfgang Rades Anfang der Woche mit. Grund dafür sei die immer noch sehr winterlichen Witterung. Danach ist der Vogelpark wieder täglich von 9.30 bis 19 Uhr geöffnet.
(Bild + Text: Klaus Kordesch)