Anreise  |  Kontakt  |  Notdienste  |  Öffnungszeiten  |  Webcams  |  
Sprachauswahl inaktiv
„Wir machen´s wieder selbst!“ - Forstbetrieb hat sich zum Dienstleister der Kommune gewandelt

„Wir machen´s wieder selbst!“ - Forstbetrieb hat sich zum Dienstleister der Kommune gewandelt

Herborn, 7.8.2014: Ein Forstwirt, der Schneepflug fährt und frühmorgens die Straßen freimacht? Oder anstatt mit der Motorsäge mit einer acht Tonnen schweren Vibrations-Straßenwalze unterwegs ist? Beim Forstbetrieb der Stadt Herborn ist das nichts Außergewöhnliches mehr. Schon seit einigen Jahren wird der Forstbetrieb immer mehr zum kommunalen Dienstleister.


Voraussetzung dafür ist zum einen die enge Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Städtischen Bauhof und dem Fachdienst Stadtentwicklung und Umwelt, wie der Herborner Revierförster Thomas Rittner betont. Und zum anderen müssen natürlich geeignete Geräte und Maschinen vorhanden sein. Eine zentrale Rolle kommt dem großen Traktor zu, den Rittner und sein mittlerweile fast ein Dutzend Köpfe starkes Team in vielerlei Bereichen neben dem Holzrücken einsetzen können: Mit dem im Frühjahr angeschafften sogenannten Anhängegrader beispielsweise wird der leistungsstarke Schlepper im Waldwegebau zur Allzweckwaffe. Und damit ist das Spektrum seiner Einsatzgebiete noch lange nicht erschöpft.


Neben den etwa 2500 Hektar Wald fallen 168 Kilometer Waldaußenrand an Wiesen, Straßen oder im Siedlungsbereich in die Zuständigkeit des Forstbetriebs, obwohl sie laut Rittner mit den klassischen Aufgaben des Forsts wenig gemein haben. „Dazu kommen über 100 Kilometer Feld- und Waldwege und der Friedwald, der auch einige Arbeit macht“, zählt der Forstmann auf. Haben Forst- und Umwelt früher schon sporadisch zusammengearbeitet, so wird mittlerweile die Personalplanung gemeinsam gemacht. Noch vor drei Jahren verdienten lediglich drei bis vier Forstwirte ihr Brot bei der Stadt, mittlerweile sind für Rittner und Tritschler zehn Mitarbeiter und ein 450-Euro-Jobber im Einsatz. Darunter sind auch zwei Quereinsteiger, denn nicht für alles braucht man ausgebildete Forstwirte, erläutert Rittner und nennt als Beispiel den Gatterbau für Schonungen im Wald. Der Bau der aus Dachlatten mit der Nagelmaschine zusammengesetzten Forstzäune in der Halle des Forstbetriebshofs hinter der Freiwilligen Feuerwehr in der Au ist übrigens eine der Schlechtwetter-Beschäftigungen für die Mitarbeiter.


Im Umweltbereich werden allein zwei Forstwirte eingesetzt, erläutert Oliver Tritschler vom Fachdienst Stadtentwicklung und Umwelt, in dessen Zuständigkeit beispielsweise die Gewässerpflege fällt – so auch das „Auf den Stock setzen“ genannte Zurückschneiden und das „Durchpflegen“ der Ufergehölze entlang der fast 60 Kilometer Fließgewässer im Stadtgebiet. Früher, als diese Arbeiten noch an externe Dienstleister vergeben wurden, war der Etat für diese zeitaufwändigen Arbeiten schnell erschöpft.


„Wir machenŽs wieder selbst“, umschreiben Rittner und Tritschler denn auch die Richtung, für die das Stadtparlament 2011 den Weg ebnete, als es dem entsprechenden Konzept zustimmte und nicht zuletzt auch die Mittel für den Traktor und den seitdem immer weiter ausgebauten Gerätepark freigab. „Forst und Umwelt brauchen den Trecker, aber wenn ich ihn schon hab, kann er doch auch Winterdienst fahren“, schildert Rittner den Grundgedanken, der sich wie ein roter Faden durch die Kooperationen zieht. Entsprechend gut ausgelastet ist die Maschine – laut Rittner ist sie im Winter schon mal 14 oder 15 Stunden am Stück unterwegs und kommt auf durchschnittlich 2000 Betriebsstunden im Jahr. Einhellig loben die beiden die Zusammenarbeit mit dem Bauhof als „hervorragend“.


Der optimale Einsatz der Maschinen ist ganz im Sinne von Bürgermeister Hans Benner: „Die Leistungsfähigkeit im Rahmen dieser Kooperation ist nicht vergleichbar mit dem in früheren Jahren Geleisteten“, lobt er anerkennend. Der Verwaltungschef begrüßt, dass so die kostenintensiven Anschaffungen sinnvoll genutzt werden und der Allgemeinheit zum Beispiel im Winterdienst unmittelbar zugute kommen. Angeschafft werden müssen hätte der Traktor ja ohnehin: „Die Zeiten, als man das Holzrücken noch mit Pferden erledigen konnte, sind lange vorbei“, weiß er um den wirtschaftlichen Druck, der auf dem Forstbetrieb lastet. Der schreibt laut Rittner bei einem Umsatz von rund 1,2 Millionen Euro sogar eine „Schwarze Null“ - wobei die Ökopunkte, die der gemeinsame Einsatz von Umwelt und Forst bei Umweltmaßnahmen beispielsweise am Katzenstein in Merkenbach oder im Uckersdorfer Steinbruch der Stadt Herborn bringt, dabei noch gar nicht eingerechnet sind.


Gutes Geld verdienen kann man mittlerweile unter anderem auch mit dem zwangsläufig anfallenden Schnittgut, für dessen Entsorgung früher bis zu 6000 Euro jährlich bezahlt werden mussten: Heute werden beim Verkauf an Biomasse-Kraftwerke etwa vier Euro pro Kubikmeter erlöst, berichtet Rittner, der auf das Kombibad mit eigenem Kraftwerk hofft: „Dann könnten wir unser Schnittgut selbst verstromen!“ Und im Zuge der interkommunalen Zusammenarbeit können sich Tritschler und er auch gut vorstellen, als Dienstleister für andere Kommunen tätig zu werden, zum Beispiel für den Wegebau. „Wir sind schnell und preiswert“, ist Tritschler überzeugt. Mit Blick auf die professionellen Gerätschaften zum Befestigen der nach der Holzabfuhr im Frühjahr zerfahrenen Waldwege wäre das durchaus denkbar – denn so gut wie der Herborner Forstbetrieb ist kaum ein anderer gerüstet für seine Rolle als Dienstleister für die Kommune.


Klaus Kordesch