Bis zum 15. November 2018 sind seltene Originale und Faksimile – auch aus dem Bestand der „Alten Bibliothek“ im Herborner Schloss – im Museum „Hohe Schule“ (Nähe Kornmarkt) zu sehen.
Bei einem Empfang im Schloss Herborn, dem Theologischen Seminar der EKHN, betonten Bürgermeister Hans Benner sowie Seminardirektor Prof. Dr. Peter Scherle die enge Verflechtung zwischen der Ausbildungsstätte Hohe Schule und der Stadt. „Die Studenten der damaligen Hohen Schule haben Herborn in die weite Welt getragen“, sagte Bürgermeister Hans Benner. Im Jubiläumsjahr „200 Jahre Hohe Schule“ werde das Theologische Seminar am Sonntag, 12. August zu einem „Tag der offenen Tür“ in das Schloss Herborn einladen, kündigte Prof. Dr. Peter Scherle an. Auch die „Alte Bibilothek“ im Schloss kann dann besichtigt werden.
In seinem Kurzvortrag erinnerte der ehemalige Stadtarchivar Rüdiger Störkel an die Bedeutung Herborns in der Welt des 17. Jahrhunderts: Auf einer Europa-Karte hat er 25 Orte verzeichnen können, die nachweislich auf das in Herborn gesammelte Wissen zurückgegriffen haben. Der aus Ballersbach stammende Pfarrerssohn Johann Heinrich Alsted (gestorben am 9. November 1638 in Weißenburg / Siebenbürgen) hatte als reformierter Theologe, Philosoph und Pädagoge mit seinen herausgegebenen Nachschlagewerken von 1630 einen großen Anteil daran. 1610 bis 1619 war er Professor für Philosophie an der Hohen Schule Herborn.
Bildung, Wissensweitergabe und Forschung war an vielen Orten der damaligen Welt ein hohes Gut: Ob in Frankreich, Italien, Schweden, den Niederlanden oder in Böhmen entstanden Bibliotheken - Herborn war dort vertreten, in Form der von Altsted herausgegebenen „Herborner Encyclopaedia“, die selbst in Venedig, Neapel, Paris, London oder an der sich neu gründenden Harvest Universität in Amerika gelesen wurde. „Am Harvest College galt es 1723 als Pflichtlektüre. Auch in Herborn stand das Allgemeinwissen nicht im Giftschrank und auch neuere wissenschaftliche Erkenntnisse wurden nicht theologisch als Missachtung der Schöpfungsordnung Gottes gedeutet“, sagte Störkel, „im Gegenteil: ein Titelblatt von 1630 bilde aus Schöpfung, Frömmigkeit und Bildung ein verbindendes Kreuz. Diese Offenheit für neue Befunde bleibt festzuhalten“. Die zunächst in Herborn und später in Frankfurt gedruckten Werke trugen dazu bei, dass Menschen sich individuell durch das Selbststudium Wissen angeeignet hätten. Mancherorts hofften Gelehrte vergeblich auf eine erweiterte Neuauflage der Herborner Encyclopaedia.
Was die Werke so einzigartig macht? Didaktisch gut aufbereitet werde Theorie und Praxis miteinander verbunden, sagt Rudolf Störkel: „Es ist kein Lexikon sondern eher ein Bildungsgang, dass Sprache als erstes Handwerkszeug und dann die akademischen Fächer wie Medizin oder die angewandten Fächer wie Technik (Mechanik und Messen) vermittle“, sagt Rudolf Störkel. Und: Das Wissen habe noch heute Bedeutung.
Am 25. Juli 1818, also vor 200 Jahren, verordnete die nassauische Landesregierung in Wiesbaden die Errichtung des Evangelischen Theologischen Seminars in Herborn. Im Vorjahr hatte man bestimmt, dass die Hohe Schule Herborn zwar aufgehoben sei, ihre theologische Fakultät jedoch als Seminar fortbestehen solle.
Seit 1818 findet hier in Herborn im Anschluss an das Hochschulstudium die Fortbildung für den evangelischen Pfarrerberuf statt, inzwischen für das gesamte Kirchengebiet von Hessen und Nassau. Die historische Verbindung des Seminars mit der Hohen Schule besteht nicht zuletzt darin, dass die Hohe Schule einen Schwerpunkt in der Pfarrerbildung hatte.
Zu deren Instrumenten gehörten auch die von Johann Heinrich Alsted herausgegebenen Nachschlagewerke. Die Folge seiner eigentlichen Enzyklopädien begann mit einem Druck von 1620, für den er 1618, vor 400 Jahren, die Genehmigung des Herborner Senats eingeholt hatte. Die Krone seines Werks war die Encyclopaedia von 1630, die ein enormes Verbreitungsgebiet erreichte und ein großes, vielstimmiges Echo fand. (hjb)